Botschafter bei Fidel Castro
war von 2001 bis 2005 Bernd Wulffen. Der Diplomat im Ruhestand ist ein sympathischer älterer Herr mit Bart und grauen Haaren, der bei seinem Vortrag als Kuba-Experte am 13. August 2016, dem 90. Geburtstag des »Comandante en Jefe«, in der Charlottenburger Kulturwerkstatt und auch bei unserem persönlichen Gespräch in Berlin sehr unterhaltsam von seinen Begegnungen mit dem damaligen kubanischen Staatschef erzählt.
Fidel Castro hat neun US-Präsidenten und unzählige Attentatsversuche überlebt (»… angeblich über 300, doch das kann ich mir nicht vorstellen«, sagt Bernd Wulffen). Bis 2008 bei seinem Rücktritt wegen einer schweren Krankheit war Fidel Castro der weltweit am längsten herrschende Staatschef und hat mehr als ein halbes Jahrhundert das Weltgeschehen mitgeprägt.
»Eiszeit in den Tropen«
Der Kuba-Kenner Wulffen schildert in interessanten Anekdoten, etwa wie Bundestagspräsident Wolfgang Thierse 2001 es wagte den obersten Kommandanten zu unterbrechen (»ein Sakrileg«), über des Präsidenten unangemeldeten Besuch in Wulffens Residenz in Havanna und dessen Hang zum stundenlangen Reden, nicht nur beim gemeinsamen Weintrinken. Über des US-amerikanischen Botschafters geschlachtete Haus-Truthähne (namens »Fidel« und »Raúl«), über fehlende Steckdosen im Staatsratsgebäude, über kleine und große Unwahrheiten des »máximo líder« (z.B. behauptete der: »Es gibt kein Dengue-Fieber in Kuba«). Natürlich berichtet er auch über die Verletzung der Menschenrechte (v.a. die Varela-Bewegung – »eine Zäsur«) und die Abkühlung der Beziehungen zur EU seit 2003, die drei Jahre andauernde »Eiszeit in den Tropen« – so lautet auch der Titel des 2006 erschienenen Buches von Bernd Wulffen beim Ch. Links Verlag. Zu den Reformen seit 2008 bedauert er, dass »leider die zentralverwaltete Wirtschaft, wie in der DDR, nicht aufgehoben wurde.«
»Fidel Castro hat Obama nicht empfangen, weil er die Politik seines Bruders nicht gutheisst.«
(ex-Kuba-Botschafter Bernd Wulffen, 2016)
Auch wenn die Macht in Kuba mittlerweile voll auf Castros Bruder Raúl und dem hinter ihm stehenden Militär überging, ist sich Wulffen angesichts des Besuchs vom US-Präsidenten Barack Obama in Havanna im März dieses Jahres sicher: »Fidel Castro hat Obama nicht empfangen, weil er die Politik seines Bruders nicht gutheisst.« Der Kuba-Experte weiß, dass Raúl Castro 2018 nicht mehr kandidieren möchte, und dann wird es spannend in Kuba: »Es könnte zu einer Art Militärdiktatur kommen, nicht durch einen Umsturz, sondern eine (…) militärische Herrschaft, denn schon jetzt haben die Militärs zahlreiche Unternehmen, wie im Tourismus, unter sich, auch die Bauernmärkte werden vom Militär gemanagt.«
Bernd Wulffens Rat an alle Kuba-Interessierten: schnell hinfahren, denn Kuba wird sich sehr schnell verändern. . .
NACHTRAG: FIDEL CASTRO STARB IM ALTER VON 90 JAHREN AM 25. NOVEMBER 2016 IN HAVANNA. Eine Ära geht zu Ende…
(Foto: © Martina Miethig)